Das Stiftland, in der nördlichen Oberpfalz, war schon immer eine Hochburg der Krippenkunst, doch in den vergangenen zehn Jahren hat es sich zu einem wahren El Dorado entwickelt. Ein Zentrum davon ist Tirschenreuth, denn seit dem Jahr 2003 gibt es hier den Krippenverein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die alten Krippen zu restaurieren, die Krippentradition zu bewahren und interessierten Menschen die Kunst des Krippenbauens und des Krippenschnitzens zu vermitteln. Durch regelmäßige Ausstellungen werden der Öffentlichkeit die kleinen Kunstschätze präsentiert und so ein Bewusstsein für diese Kleinode geschaffen. Am 8. Februar 2008 öffnete in Tirschenreuth im alten Kloster das neue Museum seine Tore und es wird seither der Öffentlichkeit im ersten Stock auch ein Krippenzimmer präsentiert. Schon Monate vor dem Eröffnungstermin sammelten die Krippenfreunde Moos, Wurzeln, Baumstöcke und Baumschwämme. In einer ehemaligen Werkstatt bereiteten aktive Mitarbeiter des Krippenvereins Tirschenreuth die Krippenberge für die Vitrinen vor und seit November richten sie die Schauschränke im Museum ein. Vier Krippenvitrinen stehen im Krippenzimmer in denen, unter der Anleitung von Krippenbaumeister Heinrich Brunner, typische Krippen unserer Heimat aufgebaut werden. Die Hörmann-, die Schricker- und die Stadtkrippe die Johann Mack – nach den Vorlagen der Papierkrippe - schnitzte, bleiben als ständige Ausstellung im Museum. Im vierten Krippenkasten werden von Zeit zu Zeit immer wieder andere Krippen oder bestimmte Szenen aus einzelnen Krippen aufgebaut, um den Besuchern die ganze Breite der Tirschenreuther Krippenkunst zu zeigen. Zur Eröffnung im Februar hat Karl Jäger „Die Hochzeit zu Kanaan“ und einige ausgesuchte „Stückln“ aus seiner Krippe ausgestellt. „Stückln“ sind zusammengehörende Figurengruppen, die aus einem Stück Holz geschnitzt sind. Beim Aufbau der Krippen achtete der Vorsitzende des Vereins, darauf, dass die Krippen in der Tradition der alten Krippen entstanden. So wurden nach alten Vorlagen sehr stimmungsvolle Hintergrundgemälde gefertigt, die typisch für die Tirschenreuther Krippen sind. Die Krippenbilder zeigen die Umgebung von Bethlehem wie sich die Krippenbauer der damaligen Zeit das Heilige Land vorstellten. Sie kannten diese Gebiete ja nur von Erzählungen und so vermischten sich der Orient und die Oberpfalz zu einem bezaubernden Fantasieland, in dem oft die Stadt auf dem Berg, das heilige Jerusalem, zu sehen ist. „Grammelstauden“ (=Wachholderzweige) vervollständigen den Hintergrund für die Krippen. Auf mehreren Terrassen, die überwiegend aus Naturmaterialien, wie Baumschwämmen und Wurzeln, gefertigt wurden sind dann die einzelnen biblischen Szenen zu sehen. So gehören die Beschneidung im Tempel, der Kindermord von Bethlehem, der Zug der heiligen drei Könige oder die Verkündigungsszene zu vielen Krippendarstellungen. Aber auch der bäuerliche Alltag und das Leben in der Kleinstadt finden in den „Krippenmandeln“ ihren Ausdruck. Handwerker gehen ihrer Arbeit nach, die Hirten betreuen die Herden und die Jäger streifen auf ihrer Pirsch durchs Gebirge. Doch letztlich wird der Blick durch geschickte Lichtführung zum Zentrum des Geschehens, auf den Stall von Bethlehem gelenkt. Die schlichte Darstellung dieses Teils der Krippe führt den Besucher mitten hinein in das Geheimnis der heiligen Nacht. Maria und Josef, versunken in die Anbetung des Gotteskindes lassen den Betrachter still werden und der frohen Botschaft der Engel lauschen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden.“ Eine ganz besondere Rarität wird den Besuchern des Museums aber in dem Schaukasten mit der Tirschenreuther Papierkrippe geboten. Die Krippe umfasst etwa 140 Figuren. In der Zeit der Entstehung dieses Kunstwerks war Papier wertvoll und so benutzte man zum Verstärken der Figuren alte Rechnungen und Belege. Heute helfen diese Schreiben auf der Rückseite der Figuren, bei der Datierung der Krippe. Max Gleißner schrieb im Tirschenreuther Krippenbuch über die Figuren: „Sie sind „ca. 15 cm hoch, von Meisterhand in leuchtenden Farben gemalt, als wäre es erst gestern geschehen, mit Gesten und Gebärden, als ob sie lebten. Dargestellt werden, von der Belehrung im Tempel abgesehen, alle noch heute in Tirschenreuth vorkommenden Vorstellungen.“ Dieses Kunstwerk wird dem Fresken- und Ölmaler Maurus Fuchs zugeschrieben, der am 17. Januar 1771 in Tirschenreuth geboren wurde. Grenzüberschreitend arbeitet der Künstler sowohl in Bayern, als auch in Tschechien. Er erwarb sich vor allem durch seine Werke im Kloster Tepl, nahe Marienbad, einen Namen. Durch das neu entstandene Krippenzimmer im alten Kloster wird dem Kulturleben von Tirschenreuth eine weitere Perle hinzugefügt, die Kenner von Nah und Fern in Stadt locken möchte. Staunend können die Besucher in die Miniaturwelten einer längst vergangen Zeit versinken, die den modernen Menschen mit ihrem Charme und ihrer Anmut in ihren Bann ziehen und zum Verweilen, Innehalten und kindlichem Staunen auffordern. Lasset uns gehen und sehen, was sich zugetragen hat... |